Nachhaltigkeit bei den Kapitalanlagen

Grüne Geldanlagen auf dem Vormarsch
Nachhaltige Anlagen werden immer mehr zur Normalität. Immer mehr Finanzprodukte drängen auf den Markt. Kaum eine Bank, die nicht schon auf den ESG-Zug aufgesprungen ist. Die nachhaltig verwalteten Vermögen stiegen im letzten Jahr gemäss einer Marktstudie von Swiss Sustainable Finance (SSF) um 83% auf den neuen Höchststand von rund 717 Milliarden Franken. Auf die Frage nach den wichtigsten Gründen, die sie davon abhielten, Gelder nachhaltig anzulegen, nannten die für die Studie befragten institutionellen Investoren unter anderem das Fehlen von Standards und höhere Anlagekosten. Während diese beiden Punkte eine gewisse Berechtigung besitzen, ist die am häufigsten genannte Sorge, nämlich drohende Einbussen bei den Renditen, weitgehend unbegründet. Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass mit nachhaltigen Anlagen im Regelfall keine niedrigeren, sondern mitunter sogar höhere Renditen einhergehen. Gut möglich, dass auch viele Privatanleger noch dieses Vorurteil im Kopf haben. Zwar investierten sie 2018 ebenfalls deutlich mehr Gelder nachhaltig als im Vorjahr. Gegenüber den institutionellen Investoren mit einem Anteil von 88% machen sich ihre 12% aber recht bescheiden aus.

Die Pensionskassen müssen ihre Anlagestrategie konsequent auf langfristiges Kapitalwachstum ausrichten. Experimente sind fehl am Platz. Die Renditeansprüche der Versicherten müssen jederzeit erfüllt sein. Die Herausforderungen der aktuellen Tiefzinsphase und der wohl grössten Rezession seit den Dreissigerjahren sind für die Pensionskassenverantwortlichen kein Zuckerschlecken. Daneben ein offenes Ohr für die Nachhaltigkeitskriterien zu haben, ergibt noch eine Reihe weiterer Aufgaben. Oftmals gehen die Nachhaltigkeitsaspekte aber zugunsten der Rendite zunichte.

Die SonntagsZeitung und «Finanz und Wirtschaft» haben in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Weibel Hess & Partner AG ausgewertet, inwieweit die Pensionskassen Nachhaltigkeitsaspekte bei der Kapitalanlage berücksichtigen. Erfreulicherweise hat sich gezeigt, dass SRI (Socially Responsible Investing) und ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales, Governance) den Pensionskassen nicht mehr fremd sind.

Druck der Versicherten für mehr Nachhaltigkeit
Bereits die Hälfte der untersuchten Sammelstiftungen schliessen freiwillig in ihrem Anlagereglement ein, dass Kapitalanlagen nachhaltig ausgerichtet werden sollen. Der Richtungswechsel hat eindeutig stattgefunden und der Trend für nachhaltiges Investieren dürfte sich fortsetzen. Die Zeit als die Vorsorgegelder nur nach den klassischen Anlagekriterien wie Sicherheit, Liquidität und Ertragschancen angelegt waren, gehört der Vergangenheit an. Die Entwicklung und der Druck der Versicherten sorgen dafür, dass die Pensionskassen die Nachhaltigkeitskriterien intensiver beachten. Besonders auf ethisch ökologische Anlagen ausgerichtete Pensionskassen wie Nest oder Stiftung Abendrot haben in den letzten Jahren bewiesen, dass die Rendite bei solchen Kapitalanlagen nicht leiden muss.

Die effektiven Nachhaltigkeitskriterien bei Kapitalanlagen lassen sich in Negativ- und Positivkriterien aufteilen. Mit Negativkriterien werden Unternehmen aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen, die ethische, soziale oder ökologische Standards nicht erfüllen. Die Positivkriterien bevorzugen Firmen, die aktiv zur Schonung der natürlichen Ressourcen und Umwelt beitragen und soziale Kriterien beachten. Die Umstellung auf Nachhaltigkeit sollte nicht zu einer Renditeeinbusse führen und deshalb von Beginn an in die Finanzanalyse und das Portfoliomanagement integriert werden.

Einen Schritt in die Nachhaltigkeit zeigen Pensionskassen mit Verwendung der Ausschlussliste des Schweizer Vereins für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK-ASIR). Der Verein führt eine schwarze Liste von Unternehmen, die nachweislich gegen Schweizer Gesetze sowie von der Schweiz ratifizierte internationale Konventionen verstossen. Das Investieren in solche Firmen ist heutzutage aus ethischen und ökologischen Gründen nicht vertretbar. Mittlerweile halten sich viele Pensionskasse an die Ausschlussliste des SVVK-ASIR. Einzelne Kassen geben an, dass sie nicht direkt in Einzelunternehmen investieren, sondern nur Kollektivanlagen tätigen. Eine verlässliche Bestätigung zur Einhaltung sämtlicher Nachhaltigkeitsvorgaben sei daher nicht möglich. So auch Swisscanto Sammelstiftung, Basel, welche derzeit ohnehin ihre Nachhaltigkeitsstrategie komplett überarbeitet.

Ein Grossteil der PK’s ist bezüglich Umweltbelastung im Blindflug
Einige Pensionskassen messen die CO2-Intensität Ihrer Kapitalanlagen und berücksichtigen diese Kennzahl im Rahmen der verantwortungsbewussten Kapitalbewirtschaftung. Bisher spielt die Klimaverträglichkeit jedoch nur bei wenigen Pensionskassen eine Rolle. Ein Grossteil ist bezüglich Umweltbelastung sozusagen im Blindflug unterwegs, dies wohl auch deshalb, weil die Erhebung der Kennzahl aufgrund der Datenlage teilweise nur schwer möglich ist.

Ähnlich sieht das Bild bei der Unterzeichnung der Prinzipien für verantwortungsbewusstes Investieren der Vereinten Nationen (UNPRI) aus. Diese Prinzipien umfassen Umwelt- und Sozialaspekte sowie die Unternehmensführung und sind eine 2006 gegründete Investoreninitiative in Partnerschaft mit dem UN-Umweltprogramm. Die Unterzeichner tragen freiwillig zu einem nachhaltigeren globalen Finanzsystem bei. Nebst den Versicherungsgesellschaften Allianz, AXA, Basler und Helvetia hat auch Nest die UNPRI unterzeichnet.

Die Pensionskassen sind sehr grosse Investoren und verwalten gemäss Schätzungen von Weibel Hess & Partner AG gemeinsam über 1000 Milliarden Franken. In den letzten Jahren wurden verschiedene Organisationen und Vereine gegründet, die sich dem Wandel in Richtung einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft verschrieben haben. Die Swiss Sustainable Finance (SSF) hat sich zum Beispiel zum Ziel gesetzt, die Schweiz als führendes Zentrum für nachhaltige Finanzdienstleistungen zu etablieren. Rund 100 Organisationen – darunter Finanzdienstleister, Investoren, Researchorganisationen und die öffentliche Hand – haben sich zusammengeschlossen, um gesellschaftliche und umweltbezogene Themen im Anlage- und Finanzierungsgeschäft zu fördern.

Zunehmender Druck auf die Pensionskassen dürfte in Zukunft nicht nur vom Gesetzgeber kommen, sondern auch von den Versicherten, welche immer mehr Wert auf eine umsichtige und nachhaltige Anlage ihres Vorsorgevermögens legen. Zudem wird Nachhaltigkeit immer mehr auch als Teil der treuhänderischen Sorgfaltspflicht verstanden, so dass die Nichtbeachtung von ESG-Faktoren bei der Verwaltung des Vermögens Dritter einer Missachtung der Treuepflichten institutioneller Investoren gleichkäme. Wie so oft wird auch beim Thema Nachhaltigkeit der Druck vom Ausland kommen. Der im Zuge des Klimaabkommens lancierte EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums hat es in sich, hat er doch innerhalb relativ kurzer Zeit vier EU-Gesetzes- und Verordnungspakete auf den Weg gebracht. Sie dürften den europäischen Finanzsektor und damit auch den Finanzplatz Schweiz in den nächsten Jahren mit erhöhtem Tempo in Richtung Nachhaltigkeit bewegen.