Verzinsung

Den Erwerbstätigen bleibt wenig Zins
Im Jahr 2019 haben die Pensionskassen durchschnittliche Renditen von rund 10 Prozent erwirtschaftet. Die erfreulichen Anlageergebnisse liessen Aktivversicherte von ertragreichen Zinsgutschriften träumen. Auf die Begeisterung folgte sehr bald die Ernüchterung. Die meisten Pensionskassen schütteten mickrige ein bis zwei Prozent Zins aus. Müssen sich die Versicherten tatsächlich so zufriedengeben? Eine Umfrage von Weibel Hess & Partner AG im Auftrag der SonntagsZeitung und Finanz und Wirtschaft zeigt, dass bei vielen Sammelstiftungen die Renditen des Jahres 2019 hauptsächlich zur Erhöhung der Sicherheit eingesetzt wurden. Pensionskassen müssen jährlich ihre Rentenverpflichtungen mit dem technischen Zinssatz hochrechnen und rückstellen. Bei den meisten Kassen liegt dieser Wert zwischen 1.75 – 2.50 Prozentpunkten. Hat eine Pensionskasse einen grossen Rentneranteil, so raubt diese Verpflichtung einen hohen Anteil der erwirtschafteten Rendite. In Jahren wie das letztjährige bleibt dennoch genügend Ertrag für eine angemessene Zinszahlung an die Aktiven übrig. Bei Zinsentscheidungen haben die Stiftungsräte stets ein Auge auf das finanzielle Gleichgewicht der Pensionskasse. Hohe Zinsgutschriften erfreuen zwar die Akitvversicherten, verbessert jedoch die Stabilität der Pensionskasse nicht. Folgt auf ein gutes Anlagejahr ein schlechtes, so bricht der Deckungsgrad zusammen und die Pensionskasse kann in Schieflage geraten. Die Kursverwerfungen des ersten Quartals 2020 zeigt deutlich auf, dass auch nach einem überdurchschnittlich guten Anlagejahr alles möglich ist. Ohne genügend vorhandenen Wertschwankungsreserven gerät eine Pensionskasse in solchen Situationen nach kürzer Zeit in eine Unterdeckung.

Mehr Zins erst bei genügend Reserven
Nur wenn die Bilanz über ausreichend Wertschwankungsreserven ausweist, ist eine höhere Ertragsausschüttung möglich. Für Sammelstiftungen gelten hinsichtlich Zinszahlungen strengere Vorgaben als für kantonale oder firmeneigene Pensionskassen. Solange die Wertschwankungsreserven nicht zu mindestens 75 Prozent des Soll-Wertes bilden, dürfen die Altersguthaben der Versicherten mit maximal zwei Prozent verzinst werden. Kurzfristig erhalten die Aktiven weniger Zins, doch steigert sich die Chance auf zukünftige Höherverzinsungen. Verbessert sich dank höheren Reserven die finanzielle Lage der Pensionskasse, reduziert sich die Gefahr in eine Unterdeckung zu geraten.

Profond als Spitzenreiterin
Wer hat von den satten Gewinne 2019 am meisten profitiert? Profond hat mit 3.50 Prozent die höchsten Zinsen gezahlt. Die Versicherten können sich ein weiteres Jahr in Folge über die ertragreichen Zinsgutschriften freuen. Über die vergangenen zehn Jahre hat Profond durchschnittlich 2.68 Prozent ausbezahlt und ist damit absolute Spitzenreiterin. Wie stark dies ins Gewicht fallen kann, zeigt folgendes Beispiel: Wird bei einem versicherten Lohn von 80‘000 Franken das angesparte Altersguthaben über das gesamte Arbeitsleben von 40 Jahren mit einem Prozent mehr verzinst, fällt das Alterskapital bei Pensionierung um rund 120‘000 Franken höher aus. Bei einem Umwandlungssatz von 6 Prozent bedeutet dies lebenslange eine um 7‘200 Franken pro Jahr höhere Altersrente.

Einige Pensionskassen haben in den vergangenen Jahren Beteiligungsmodelle eingeführt, in denen eine Bandbreite der Verzinsung in Abhängigkeit des Deckungsgrads festgelegt ist. So hat beispielsweise die PKG Pensionskasse aufgrund des Deckungsgrads eine Verzinsung von 2.40 Prozent gewährt, der Geschäftsführer Peter Fries kommentiert dies mit Verweis auf ihr neues Beteiligungsmodell wie folgt: ««Das Beteiligungsmodell erleichtert den jährlichen Entscheidungsprozess des Stiftungsrats und schafft Transparenz, Sicherheit und Kontinuität für unsere Versicherten. Kern des Beteiligungsmodells ist es, den Deckungsgrad stabil zu halten und unsere Destinatäre bei einer guten Anlageperformance am Ergebnis zu beteiligen.»

Viele Versicherten von Risiko-Sparkassen-Modellen profitiertet ebenfalls von dem ertragsreichen Börsenjahr 2019. Dieses Versicherungsmodell führt für jeden angeschlossenen Betrieb einen eigenen Deckungsgrad. Die Rentenbezüger werden in einem eigens dafür eingerichteten Rentner-Pool separat geführt. Die Aktivversicherten, deren Anschluss einen ausreichenden Deckungsgrad und eine positive Rendite ausweist, freuen sich insbesondere über die hohen Zinsgutschriften 2019. Das Risiko-Sparkassen-Modell bietet beispielsweise GEMINI an. Profitiert haben dort viele Versicherten von Zinsen in der Höhe von 1% bis 12%. Stefan Sadler, Stv. Geschäftsführer der GEMINI Sammelstiftung erklärt: "Durchschnittlich haben die bei GEMINI angeschlossenen Vorsorgewerke 2019 mit 3,62% verzinst. Die Spanne bewegte sich zwischen 1% für Kunden, die noch keine Wertschwankungsreserve aufgebaut haben bis 12% bei Kunden, welche hohe Deckungsgrade ausweisen. Im Gespräch mit den Vorsorgekommissionen angeschlossener Arbeitgeber wird festgestellt, dass es vielen Vorsorgewerken wichtig ist, Reserven kontinuierlich ihren Versicherten zukommen zu lassen."

Wenig Zins bei Vollversicherungen
Wesentlich tiefere Erträge wurden den Versicherten mit Vollversicherungslösungen gutgeschrieben. Die stetige Kapitalgarantie schränkt in der Veranlagung stark ein. Zum grössten Teil sind die Vorsorgegelder der Versicherten in Obligationen angelegt. Daraus lässt sich in der aktuellen Tiefzinsphase nur bescheidene Renditen erzielen. Die Aktivversicherten müssen sich mit bescheidenen Zinsen begnügen. Wie bereits in den Jahren 2017 und 2018 hat kein Vollversicherer mehr als 1 Prozent Zins bezahlt.